Nachdem ich schon das Wochenende nicht komplett auf dem Mandelner Treffen verbringen kann, werde ich heute, also am Sonntag, eine etwas grössere Fahrt unternehmen. Sie soll mich in einige weiße Flecken von Hessen führen und die Reise beginnt mit dem Südlichen Vogelsberg.
Der südliche Vogelsberg ist ein Begriff aus einem alternativen Vogelsberg-Roman und eigentlich gibt es den überhaupt nicht. Es geht um die Gegend um Hirzenhain, Kefenrod und Freiensteinau. Die meisten dieser Orte gehören weder geografisch noch politisch zum Vogelsberg, sondern eher zur Wetterau oder zum Main-Kinzig-Kreis, dem Bergland. Aber der Hohe Vogelsberg ist nicht weit, oft sogar in Sichtweite am Horizont, und so kann man den Begriff gelten lassen. Aus mir unklaren Gründen bin ich relativ selten in dieser Gegend und wie ich heute erfahre, war ich auf manchen Strässchen und in manchen Orten noch nie. Das macht die heutigen 300 km umso schöner.
Das Wetter ist exakt nach meinem Geschmack, zunächst noch recht kühl, später um die 22 Grad und noch später wirds ordentlich windig, eigentlich schon fast stürmisch – also einfach schön.
Richtig früh weg komme ich auch heute nicht, aber für einen Sonntag ist 7:30 ganz OK. Fahre nonstop bis Hirzenhain, wo ich das erste mal anhalte. Und hier bin ich bereits in mir relativ unbekannten Gefilden. Und das, obwohl Hirzenhain keine 100 km entfernt ist.
Ein großes Buderus-Werk in Hirzenhain - hab ich nicht gewusst. Ist überhaupt ein recht schmucker Ort und die Route dahin ist verdammt reizvoll.
Kefenrod, Bindsachsen - alles Orte, die ich aus den Vogelsberg-Erzählungen kenne. Und aus Kefenrod habe ich meine RT 125/3 geholt. In Bindsachsen könnte ich jetzt diese kleine TS holen, die lieblos am Strassenrand feilgeboten wird. 300 Euro unter Telefon 0160-94861262. Wer mag das gute Stück retten?
Etwas weiter ausgedehnte Wiesen und Weiden voller - nein, keine Rindviecher, sondern lauter Pferde. So viele Pferde gibts eigentlich nur in Amerika. Muss ein Riesen-Pferdehof in der Nähe sein.
Ich durchfahre Orte wie Katholisch-Willenroth, Streitberg, Spielberg oder Eisenhammer - echte weisse Flecken für mich. Die Gegend ist nicht vogelsbergerisch und auch nicht wetteräuisch - es ist eine ganz eigene Landschaft. So taste ich mich allmählich in den Main-Kinzig-Kreis, das sogenannte Bergland. Auch hier bin ich nicht wirklich zuhause.
Eines der Zentren des Maik-Kinzig-Kreises ist Steinau an der Strasse, die Stadt der Gebrüder Grimm - und der Seifenfabrik Dreiturm, an der ich hier stehe. Zu dieser Seifenfabrik und ihrer Geschichte gibts eine recht spannende Dokumentation, die ich im letzten Jahr gelesen habe. Besonders interessant die Ränkespiele um die Fabrik während der Nazizeit und auch noch in der Nachkriegszeit.
Zwischen Steinau und Uerzell liegt die Teufelshöhle, die ich auch mal besichtigen sollte - aber heute bin ich für den 15 Minuten Fussmarsch zur Höhle zu träge.
Vom Main-Kinzig-Kreis (MKK) gelange ich an den Rand der Rhön und in den Landkreis Fulda. Schon von weitem lotst mich der grosse weisse Kaliberg von Rommerz in diese Richtung. OK, ich muss ohnehin tanken und fahre deshalb Neuhof an, einen etwas grössen Ort, in dem es sogar Tankstellen gibt.
Und wenn ich schon in Neuhof bin, kann ich auch die paar Kilometer bis Kalbach noch abreissen - zum Enfield-Dealer Druschel. Da stehen ein paar Gebrauchtmaschinen in einem Zelt, u.a. diese silberne Enfield 500 als Vorführer. 3100 Euronen .....
Jetzt ein wenig durch die Ränder der Rhön, aber allzu tief hinein möchte ich heute nicht. Ein wenig verfranse ich mich dabei und bin plötzlich dem Moloch Fulda ganz nahe - zu nahe. Da will ich keinesfalls hinein und schaffe es in letzter Sekunde, in Richtung Grossenlüder und damit in Richtung Vogelsberg abzudriften. Um Fulda herum sind die Strassen einfach zu gross und der Verkehr zu schnell für einen Blümchenpflücker wie mich.
Und so gerate ich auf die perfekt ausgebaute Landesstrasse zwischen Müs und Stockhausen - auf der trotzdem so gut wie kein Verkehr herrscht. Mitten drin haben sich die Strassenbauer selbst ein Denkmal gesetzt und einen netten Rastplatz geschaffen.
Hier verweile ich einen Moment, verputze einen meiner geliebten Schock-Riegel und trinke isotonische Getränke. Hätte ich jetzt noch eine interessante Zeitschrift oder ein gutes Buch dabei, könnte ich mich glatt festsetzen.
Weiter über die herrliche Nebenstrecke von Rudlos nach Lauterbach. Das ist jetzt wieder der pure Vogelsberg und hier bin ich zuhause. Beschliesse, mir Schloss Eisenbach bei Lauterbach mal richtig und in Ruhe anzusehen und fahre durch den Wald ans Schloss. Hier ist ordentlich was los, aber das macht mir heute nix und ich gehe auf Besichtigungstour - zu Fuß!!
Auf dem Schloßhof balzt ein Pfau um seine Dame, er zieht alle Register und schlägt wundervolle Räder. Die Dame ist sichtlich beeindruckt und die Zuschauer quittieren jede gelungene Aktion des Pfaus mit anerkennendem Beifall. Ein schönes Schauspiel.
Hier in Kurzform die lange Geschichte von Schloss Eisenbach und ihren Besitzern - heute sind das die Riedesel Freiherrn zu Eisenbach Erbmarschalle zu Hessen. Was für ein Name - Adel hat doch etwas.
Das Schloss ist sehr gross und besteht aus vielen Gebäuden, von denen die meisten in sehr gutem Zustand und sogar in Benutzung sind.
Ein Teil des Schlosses jedoch ist für Besucher nicht zugänglich und ein dickes Eisentor versperrt den Eingang. Interessanterweise ist der gesperrte Teil in einem ganz anderen Baustil gehalten - wirkt eher gotisch-klassizistisch und damit ein wenig britisch.
Weiter unterwegs im Vogelsberg an dieser völlig unspektakulären Stelle zwischen Hergersdorf und Wallenrod. Aber hier am Muselbach und der Bahnstrecke nach Fulda war ich früher oft mit meiner Maico oder zu Fuß mit den Hunden unterwegs und kenne fast jeden Grashalm. Habe immerhin 6 Jahre hier gelebt und das ist mein Bezug zu diesem Ort.
Habe noch keine Lust, den direkten Weg nach Mücke zu nehmen und treibe daher das Rotax-Gespann durchs Antriftal - und hier halte ich mal bei den schottischen Hochlandrindern bei Ruhlkirchen.
Nette Rindviecher, wenngleich ein wenig zurückhaltend. Aber das ist ja kein unsymphatischer Wesenszug.
Immer wenn ich die Heuballen auf den abgemähten Wiesen sehe, habe ich das Gefühl, dass das Jahr schon wieder zuende geht. Das ist ein wenig deprimierend, trotz des eigentlich schönen Anblicks.
Und ein Päuschen am Birdhill Lake in der Provinz Ontario - kann aber auch der Dunkele See im Kirtorfer Wald sein. Hier sehe ich mich gezwungen, schnell ein kleines Video zu drehen und bei Youtube einzustellen - aus gegebenem Anlass. Ich muss zeigen, dass der Rotax mit einem Kick anspringt. Und dann gehts nach über 300 km ab nach Hause.
Und noch schnell "something total different": Bin seit 3 Tagen Rollerbesitzer. Ein Tatran 125, komplett, aber völlig zerlegt wurde mir gebracht und ist das erste Fahrzeug in der neuen Motorradhalle. Noch eine Baustelle!