Nur mit wenigen Kaffee- und Pinkelpausen fahren wir die Nacht komplett durch. Nach kurzer Gewöhnung gelingt es ganz gut, auf der Rückbank ein wenig zu dösen. Wenn auch ab und an der Fahrer wechselt: Letztendlich verbringt Reinhard, der Marathon-Man, mit Abstand die meiste Zeit hinterm Steuer. Zweifellos steuert er aber auch die Fuhre am besten durch den Verkehr.
Gegen 7:00 morgens erreichen wir unser Ziel Anduze, wo wir uns das erste französische Frühstück gönnen. Das Wetter mag für südfranzösische Verhältnisse eher mittelmäßig sein – verglichen mit dem schrecklichen Vogelsbergklima erscheint es uns jedoch als paradiesisch: Trocken, sonnig und die Temperaturen immer im zweistelligen Bereich.
Nächtliche Pause auf einer französischen Raststätte.
Verglichen mit diesem Transportfahrzeug einer nordafrikanischen Familie ist unsere Peugeot-Pritsche doch vorbildlich beladen.
Der Marathon-Man bewegt die deutsch-französisch-britische Fuhre sicher in die aufgehende Sonne hinein.
Endlich sehe ich etwas von der französischen Landschaft. Wir durchqueren diverse Mittelgebirge, überqueren Flüsse und bei all dem habe ich keine Ahnung, wo wir uns befinden. Das ist sehr unbefriedigend, zeigt es doch, wie wenig ich über unser großes Nachbarland weiß. Aber das soll sich ändern.
Irgendwo in der Nähe von Nimes verlassen wir (endlich) die Autobahn. Der Morgen wird immer schöner und jetzt können wir Frankreich schon richtig genießen.
Am Ziel: Wir haben Anduze erreicht. Am Stadtrand befindet sich das gemietete Ferienhaus, aber es ist erst 7:00 und damit zu früh, die Unterkunft aufzusuchen. Aber das macht nichts, denn das kleine Städtchen hat viel zu bieten – besonders interessieren wir uns für Cafes und Bistros mit Frühstücksmöglichkeit. Selbstredend werden wir fündig.
Huberts Navi führt uns zielsicher den Berg hinauf zum Mas Suejol, unserem privaten Ferienhaus. Wir sind am Ziel, und es ist gerade mal 8:30. Der T-RAT-Transporter hats geschafft!
Hier ist es, unser Ferienhaus. Es handelt sich um ein ehemaliges landwirtschaftliches Anwesen, das zu einer Wohnung für den Besitzer und drei völlig separate Ferienhäuser ausgebaut wurde. Lage und Ruhe sind himmlisch – nach hier ober dringt nichts, absolut nichts vom Verkehrslärm.
Der Herr in der roten Hose ist Jean-Pierre, unser Vermieter. Er ist aus Paris vor fünf Jahren hierher gezogen und genießt seitdem die Schönheit der Cevennen. Glücklicherweise spricht Jean-Pierre sehr gut Englisch, sodaß wir uns nicht mit unseren nicht-vorhandenen bis äußerst mittelmäßigen Französischkenntnissen herum plagen müssen.
Jetzt nehmen wir das Ferienhaus in Besitz: Hubert okkupiert als erstes die Küche, und seiner Miene ist anzusehen, daß ihm gefällt, was er hier sieht. Die Küche ist aber auch wunderschön und bis hin zur Spülmaschine perfekt ausgestattet. Im Laufe des Urlaubs werden wir Huberts Liebe zu Küchen und zum Kochen noch zu schätzen lernen.
Über eine Treppe geht es zu einer Empore, die als Fernsehraum dient. Hier werden wir uns so gut wie überhaupt nicht aufhalten und nur ab und zu versuchen, den französischen Wetterbericht zu verstehen.
Schlafkammer Nr. 1. Das die Türen selbst für Vogelsberger Zwerge zu niedrig sind, bin ich ja aus meinen alten Fachwerkhäusern gewohnt. Hier werde ich jedenfalls die nächsten 8 Tage schlafen.
Doppelbett, eine super Aussicht, putzige Einrichtung und sogar Internet: Hier werde ich es aushalten.
Reinhard und Hubert teilen sich das zweite Zimmer.
Ein schönes Bad mit Dusche und mit zum Glück mitteleuropäischer Toilette. Ein wenig hatte ich Sorge, hier eine französische Steh-Toilette vorzufinden. Aber nein, es ist alles perfekt.
Vor unserer Eingangstür hat es einen kleinen Freisitz mit Blick zum Berggipfel. Dabei sind wir umgeben von Mandelbäumen, Feigenbäumen, Kirschen und Kastanien.
Der nächste Nachbar ist weit, weit weg. Ich kann dieses Ferienhaus von Jean-Pierre nur empfehlen. Infos, Kontaktaufnahme oder Buchung geht über die Mas Suejol Webseite.
Lange Pausen gönnen wir uns trotz der herrlichen Lage nicht: Der Tag ist noch jung und die drei Triumph müssen abgeladen werden.
Dank ausgefeilter Logistik sind die drei Maschinen ruckzuck abgeladen. Jetzt scheinen sie mit den Hufen zu scharren, bereit, die Cevennen unter die Räder zu nehmen.
Ein Blick aus dem Fenster zeigt mir, dass die beiden Kollegen bereits auf mich warten. Aber in dieser Umgebung macht selbst das Warten Freude. Und hetzen lassen werden wir uns bestimmt nicht – nicht in Frankreich.
Auf geht’s! Die Thunderbirds springen allesamt sofort an und wir können starten. Hubert war schon einmal in dieser Gegend und ist somit ortskundig. Er wird während der gesamten Zeit unseren Road Captein machen – wenn auch manchmal ein wenig unwillig. Klar, wer möchte schon ständig vorfahren.
Auf einer Strecke von schier unbeschreiblicher Schönheit führt uns Hubert in Richtung des Städtchens St. Jean du Gard. Die Kurven nehmen überhaupt kein Ende, die längste Gerade ist maximal gefühlte 50 m lang. Diese Strecke ist ein Traum, wozu natürlich auch der geringe Verkehr, das gute Wetter und die schöne Landschaft beitragen.
Wir haben St. Jean du Gard erreicht, wo heute Markttag ist. Die Platanen überall zeigen noch keinerlei Grün – ein Zeichen, dass es auch hier für die Jahreszeit zu kühl ist. Uns aber erscheinen die trockenen 18°C traumhaft.
Der Name St. Jean du Gard sagt es bereits: Das Städtchen liegt am Gardon und etliche Brücken verbinden die links- und rechtsseitigen Ortsteile.
Zwei der Brücken über den Gardon überqueren wir bei unserem Stadtbummel …..
….. und auf einer davon gibt es dieses Gruppenfoto. Ich finde, wir wirken sehr zufrieden und entspannt.
Den Rückweg nehmen wir über St. Hippolyte du Fort und hier versuche ich erstmalig, zu einer Base Cap zu kommen. Die habe ich nämlich vergessen, einzupacken. Ich kann aber bereits jetzt sagen, dass es mir bis zum Ende des Urlaubs nicht gelingt, zu so einer Kappe zu kommen.
Gegen 20:00 sind wir wieder in Anduze am Mas Suejol, unserer Unterkunft. Das war ein verdammt langer Tag mit sehr viel neuen Eindrücken. Entsprechend gut und lang wird unser Schlaf sein.
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