Berichte von alltäglichen Erlebnissen mit meinen Motorrädern
Samstag: Hier geht was ab
Also Leute, ihr glaubt nicht, wie gut ich in der Museums-Schreinerei geschlafen hab, tief und traumlos. Und das einfach auf dem Betonboden, nur mit der selbstaufblasenden Luftmatratze unter mir. Aber bereits gegen 5:00 bin ich wieder auf den Beinen – ist wohl die Macht der Gewohnheit.
Dafür erlebe ich aber auch einen wunderbaren Sonnenaufgang.
Jetzt kann ich auch „meine“ Schreinerwerkstatt zeigen: Zwischen dem Werkzeugschrank des Barons von Brentano und diversen historischen Holzbearbeitungswerkzeugen schläft es sich wie in Orpheus Armen – a Traum.
Tatsächlich bin ich der erste auf dem Platze an diesem Morgen. Das mag ich, denn so kann ich mir in aller Ruhe die zahlreich gewordenen Kräder betrachten.
10 Minuten lang filme ich meinen Rundgang über das Gelände des Landmuseums, sodass ich mich immer wieder daran erinnern kann.
Hätte nicht gedacht, dass eine blaue Bullet so gut aussieht.
Das Gelände ist ein richtig cooler und angenehmer Campingplatz.
Mittlerweile ist es 8:00 und es warten bereits einige Besucher auf das Frühstück. Aber im Moment gibts nur Kaffe, Frühstück erst ab 8:30 – und das ist auch früh genug.
Die Reihen beginnen sich zu schließen.
Nach dem Frühstück beginnt das bunte Treiben sehr schnell wieder.
Ich weiss zwar (wieder) nicht, wie der freundliche Herr heisst, aber ich kenne ihn von den Treffen in Mandeln und in Blankenau. Und er kommt mit einer Bullet Electra, also der Enfield mit der Leanburn-Maschine, bei der die österreichische Firma AVL ihre Hände im Spiel hatte.
Ich halte sehr viel von der Leanburn-Maschine, hat sie doch „richtige“ Eaton-Ölpumpen und eine vernünftige Lagerung von Pleuel und Kurbelwelle. Und dabei ist es dennoch eine pre-unit geblieben! Und das Krad ist zu verkaufen, sogar mit dem wahlweise eingetragenen Seitenwagen. Oh nein, was soll ich nur tun – Conti oder Electra? Man weiß es noch nicht recht.
Bullet in Athena-Grau, einer sehr schönen Farbe. Halt wie meine erste Bullet, die aber trotzdem ein Mistbock war.
Mehrfach schleiche ich um die Electra und finde laufend neue Details, wie beispielsweise diese Rippe an der Zündkerze.
Auch ein sehr ansprechendes Gespann.
Ich diskutiere heute mit einigen Gespanntreibern und komme mehr und mehr zu der Überzeugung, dass ein Bullet-Gespann durchaus Sinn macht. Vielleicht gar mit Vorderradschwinge, 16 oder 18″-Bereifung und gebremstem Seitenwagen.
Holger ist bereit für die gemeinsame Ausfahrt, die ich nicht mitfahre und was sich im Nachhinein als Fehler heraus stellt.
Da zieht sie von dannen, die Truppe, und die Teilnehmer werden wunderbare Dinge sehen.
Etwas später fahre ich dann allein nach Lorch, und das aus drei Gründen: 1. will ich den Rhein mal wieder sehen, 2. werde ich für die Rückfahrt voll tanken und 3. muss ich ein wenig Geld einkaufen. Alle drei Punkte gelingen.
Etliche Kilometer fahre ich dann den Rhein entlang, wobei der Rhein zwar sehr nett ist, die Strasse aber weniger.
Und nur an wenigen Stellen kommst Du wirklich nahe ans Wasser heran.
Immerhin gibt es einige schöne Städtchen zu sehen, wie hier Bacharach auf der anderen Rheinseite.
Was allerdings richtig schön ist, sind die 10 Kilometer von Ransel nach Lorch: Durch den Wald, über Serpentinen und bergauf und bergab – richtig schön zu fahren. So schön, dass die Enfield gar mit ihrem Ständer aufsetzt – aber das ist ja auch nicht schwierig.
Zurück am Landmuseum in Ransel erlebe ich jetzt die Phase eines guten Treffens, in dem eine beinahe meditative Ruhe auf dem Gelände herrscht. Die Ausfahrer sind noch unterwegs und der verbliebene Rest verliert sich beinahe auf dem Platz.
Und so ein bisschen Ruhe tut ja auch ganz gut. Yeti aber scheint darauf zu warten, dass seine Bestellung bearbeitet wird.
Ein paar neue Gäste sind angekommen, darunter ein Pärchen: Er mit einem spannenden Eigenbau aus Norton Federbett-Rahmen und Hedlund Bahn-Motor, …..
….. und sie mit einer schönen 350 Ducati – ohne Desmodromiksteuerung, so, wie ich es mag.
Da verblasst sogar die an sich schöne V7.
Und immer wieder Contis, die auch in schwarz eine gute Figur macht.
Die Sommer-Diesel sieht aus wie frisch aus dem Showroom.
Eine extrem gut gelungene Conti fährt dieser junge Mann, dabei hat er nur ein paar Kleinigkeiten verändert – das aber äusserst geschmackvoll und stilsicher.
Heute komme etliche Gäste, aber Dieter hat auch überall die Werbetrommel für die Veranstaltung gerührt: Beim CBBC, bei den Japan-Newtimern, den Guzzifreunden und bei lokalen Oldtimerfreunden. Aus dem Vogelsberg allerdings kommt niemand, aber immerhin trägt diese Norton ein GI-Kennzeichen.
Wie ich schon sagte:Immer wieder Contis. Wenn ich mich nicht irre, gehört diese hier Flo Nytz, den ich leider komplett verpasst habe.
Die starke Frau hinter einem erfolgreichen Mann: Die Gattin von Dieter, die garantiert jede Menge Arbeit übernommen hat. Hier hat sie soeben die Tombola vorbereitet.
Eine Truppe überwiegend auf Harley rollt heran, verblasst aber komplett gegen …..
….. diese traumhaft schöne 1924er Flathead. Wahrlich ein Traum aus Milwaukee.
Das Fahren mit diesem Kunstwerk ist für einen modernen Fahrer nicht ganz einfach, wie mir der Besitzer bestätigt.
Drehschieber Zweitakt-Twin von Kawasaki aus den 60er Jahren – schon richtig selten.
Für mich neben der Harley die nächste Sensation des Tages: Enfield-Gespann mit Seitenventiler, aber schon vielen Merkmalen unserer Bullets.
Wunderschön, dieses Gespann. Und die Patina sollte man ruhig so belassen.
Eindeutig eine Enfield, nur eben als Flathead. Wenn ich nicht irre, wurden solche Seitenventiler bis in die 40er Jahre in Redditch gebaut.
Mittlerweile ist die Tombola im Gange. Normalerweise gewinne ich bei so etwas nichts, aber heute gibt es einen prima 5 mm Durchschlag und ….. eine Tube Elsterglanz. Das passt natürlich.
Der junge Mann rechts im Bild fährt eine EFI und berichtet, dass er schon mehrfach in Indien war und dabei das Enfield-Werk in Chennai (ehemals Madras) besichtigen konnte. Klasse, aber das werde ich in diesem Leben sicher nicht mehr schaffen.
Weitere Besucher-Maschinen: Sehr schöne Honda CL450, bei uns äusserst selten.
Dank der CBBC-Präsenz sehe ich heute mehr Nortons als beim Oldtimer-GP in Schotten.
Wirklich keine schlechte Farbe, aber ist das auch original?
Nochmal ein Flathead aus Milwaukee, aber deutlich jünger als die 1924er ein paar Bilder zuvor. Aber auch ein einwandfreies Krad.
Die dänische Nimbus von Nilfisk: Längst eingebauter Vierzylinder mit offenen Ventilen, Königswelle, nur zweifach gelagerter Kurbelwelle. Kardanantrieb und Flachstahlrahmen – eine durch und durch ungewöhnliche Konstruktion.
Gestern hatte ich kurz von dem gebrochenen Armaturenträger an Bernds EFI berichtet. Hier nun die Reparatur mit Blumendraht – fürs Heimkommen reicht das sicher. Und die Erklärung für den Bruch gibts auch: Der Zubehör-Lenker von Fehling ist einen Tick dünner als das Original und so hat beim Festziehen der Klemmschraube der Halter wohl eins abgekriegt. Daraus lernen wir, dass 7/8 Inch keinesfalls 22 mm entspricht, sonder nur ungefähr.
Markanter Scheinwerfer des seitengesteuerten Enfield-Gespanns – aber eindeutig ohne E-Kennzeichnung.
Endlich sehe ich die AJS aus dem Bergischen in freier Wildbahn: Die Teilnehmer der Ausfahrt sind zurück. Und im Gegensatz zu mir haben sie auch die Loreley gesehen.
Gut möglich, dass dieses weitgereiste Gespann den langen Weg von Indien hierher geschafft hat – ist aber nur eine Vermutung.
Die nächste Sensation ist diese 160 ccm Bernegg mit dem possierlichen Parallel-Twin. Der Besitzer ist der gestrige Maxi-Fahrer und er berichtet, dass dieses italienische Kleinkunstwerk seine Leistung von 9 PS fast ausschliesslich in Lärm umsetzt.
Aber sowas können wahrscheinlich nur Italiener bauen. Ich kann mich gut an einen Testbericht von Klacks erinnern, in dem er das Maschinchen in den höchsten Tönen gelobt hat.
Toller Gadrehgriff, Typ SUPERPRACTIC. Eindeutig der Vorläufer des fantastischen Magura 307.
Wie schon gestern die Maxi muss auch die Bernegg angeschoben werden. Aber das muss heute jemand anderes erledigen, denn ich will den Sound des Baby-Twins aufnehmen.
Eine 850er Commando, jetzt mit der Elastikaufhängung des Motors. Ich erfahre, dass dieses System tatsächlich die Vibrationen ab ca. 3000 Umdrehungen weg filtert. Erstaunlich!
Ein unglaublich schöner Adler-Umbau, schöner als die Yamaha, Kawasaki und Suzuki, die ein paar Jahre später auf den Markt kamen. Tolle Arbeit, Respekt.
Hab ich schon erwähnt, dass ich immer noch eine Schwäche für Mäxe habe? Ist nur wegen des Motors, aber der reisst alles andere raus.
Sechszylinder-Adler im Gespann, sicher nicht schön, aber eine tolle Konstruktion. Läuft wahrscheinlich wie eine Nähmaschine.
Nochmal die Gießener Norton, deren Besitzer ich leider nicht antreffe.
Und natürlich immer wieder schöne und/oder interessante Enfields.
Eine kleine Schraubereinlage wird auch geboten: Ein gerissener Kupplungszug wird gewechselt. Das stellt aber den Fahrer vor keinerlei Probleme, denn natürlich ist Ersatz im Tankrucksack. Interessant ist aber die Diskussion über die richtige Einstellung der Kupplung: An der Stellschraube im Getriebe, über die die Länge des Ausrückweges eingestellt wird, oder über den Einsteller im Kupplungszug, mit dem das Spiel des Zuges justiert wird?
Der Abend schreitet voran, die meisten Besucher sind wieder daheim, nur diese schneeweisse Schwingen-BMW hält noch die Stellung. Jaja, BMW gabs auch in weiß.
Als kleine Einlage gibt es einen Wettbewerb im Nägeleinschlagen. Ist aber wahrlich nicht meine Paradedisziplin, das können andere besser.
Auch heute begebe ich mich mich gegen 24:00 in meine Schreinerei und schlafe noch besser als in der letzten Nacht. Schade, dass das Treffen morgen schon wieder vorbei ist.