Kleine Planeta Typengeschichte



Lovely Planeta
Die folgenden Informationen basieren im wesentlichen auf den Ausführungen von Juri Szadsky aus Krasnodar, einem Kenner der russischen Motorradindustrie:

Die IZH-Planeta ist das meistverbreitete Motorrad in Russland.  Im Vergleich mit den Produktionszahlen und der Produktionsqualität der Ischewsker Motorradwerke sind die BMW-Sourogate wie Ural und Dnepr eigentlich das schlechteste Beispiel des russischen Motorradbaus.

Die Geschichte der IZH-Planeta beginnt so:

Die Produktionsanlage für die NZ-350 in Zschopau wurde 1946 demontiert und nach Ischewsk transportiert, wo die schon seit 1929 bestehende Motorradfabrik aus den Ruinen gehoben werden sollte. Und so entstand im Jahre 1947 die IZH-350, eine Kopie der DKW NZ-350.
Die IZH-350 mit Starrahmen aus gepressten Stahlprofilen und Trapezgabel wurde bis 1951 produziert. Dann kam das Modell IZH-49, mit Teleskopgabel vorn und Geradewegfederung hinten, das sich bis 1956 im Programm hielt. Dieses legendäre Modell ist oft bis heute, und nicht nur bei Oldtimer-Spezialisten, ständig im Einsatz, so zuverlässig ist es.

Im Jahre 1956 wurde mit dem Modell IZH-56 ein komplett neues Fahrwerk entwickelt: ein Rohrrahmen mit doppeltem Unterzug und Federbeinschwinge, der bis heute an IZH-Motorrädern verwendet wird.

Bis 1985 hatten alle Planeta-Modelle (es waren ihrer über die ganze Dauer nur vier) die gleiche Motorkonstruktion: langhubig, mit zwei Auspuffschlitzen und zwei Auspuffanlagen. Nur die Verdichtung und die Form der Kanäle im Zylinder änderten sich zugunsten einer besseren Leistung. Kupplung, Primärantrieb und Vierganggetriebe (ausgenommen die Gangübersetzungen) blieben schon 50 Jahre unverändert.
Erst 1985 hat man dem Motor ins Innere gegriffen: Das Modell Planeta-5 hat nur einen Auspuff, leistet 22 PS und hat eine noch bessere Drehmomentcharakteristik als die Vorfahren. Geänderte Kupplung, elektronische Zündanlage und Getrenntschmierung, sowie Alu-Räder und Scheibenbrensen verleugnen jedoch nicht die wahre Identität des guten alten DKW-Zweitakters.

Veraltet ist es ja schon, nach den Ansichten der heutigen verwöhnten Motorradkenner. Aber für die russischen Verhältnisse, das Niveau der Produktionstechnologie, Straßenqualität, Benzin- und Ölquatät, Serviceniveau usw. ist die Planeta das einzige, was letztendlich von der DKW NZ-350 geblieben ist: Ein Motorrad, bei dem man ohne großen Aufwand und ohne ständige Sorgen um Wartung, Ersatzteile und (sehr wichtig!) Diebstahlgefahr, sich Freude am Motorradfahren sichern kann.



Die nachstehenden Aussagen stammen von der Homepage des IZH-Werkes (http://archive.izhmoto.ru/eng/) und sind eine Übersetzung eines Textes von dort:

Motorrad-Produktion der Izhevsker Maschinenfabrik (heute IZHEVSK MOTORCYCLE JSC) von 1946 bis heute (2009)

Während dieser Zeit wurden über 11 Millionen Motorräder der verschiedenen Modellreihen produziert.

1946 wurden die Fabrikationsanlagen im Rahmen der Reparationszahlungen aus Deutschland nach Izhevsk geholt und es begann die Entwicklung  des neuen Modells IZH 350. Die Produktion von Strassenmaschinen in unterschiedlichen Ausführungen und mit sportlichen Modifikationen war eine typische Eigenschaft der Motorradindustrie in der Zeit von 1949 bis 1960. Im Jahre 1948 wurde das Modell IZH-350-C mit Teleskopgabel und einer erhöhten Leistung von 14 PS vorgestellt. Die Fertigung der verbesserten und weiterentwickelten IZH-50 als Sportmodell begann 1950.

Das wesentlich weiterentwickelte und verbesserte Modell IZH-49 entstand 1951 unter der Mitwirkung von Designern. Telekopgabel vorn, Geradwegfederung hinten sowie weitere Verbesserungen der Fahrsicherheit brachten dem Hersteller hohe internationale Anerkennung ein. Die IZH-49 war auch das erste Modell des Izhevsker Motorradwerkes, das mit Seitenwagen betrieben werden konnte, wobei der Seitenwagen von der Firma Viatskie Poliany zum Einsatz kam. Die Weiterentwicklung von Motorrad-Gespannen wurde später ausgelagert.

Die Produktion einer neuen Reihe sportlicher Motorräder mit geschweisstem Rohrrahmen und Hinterradschwinge mit hydraulischen Stossdämpfern begann 1955. Die IZH-54 hatte eine Motorleistung von 18 PS und die IZH-55 als Tourenmodell 16 PS. 1956 erschien die neue IZH-56, deren Weiterentwicklung später ausgelagert wurde. Besondere Eigenschaften der IZH-56 waren der neue Rohrrahmen, Sättel mit Schutzbezügen und die Abdeckung von Vergaser und Luftfilter. Die Räder waren jetzt untereinander austauschbar und die Leistung wurde auf 13 PS reduziert. Das Modell wurde schnell sehr beliebt: Insgesamt wurden 680.000 Stück produziert, 130.000 davon wurden mit Seitenwagen ausgeliefert. Auch der Seitenwagen wurde stark modernisiert.

Weiterhin entstanden Modelle wie die Saturn, Orion und Sirius. Die Saturn mit einer Motorleistung von 25 PS war besonders originell. Es war ein Motorrad ohne Rahmen. Benzintank, Lenkstange und Instrumentenräger bildeten eine Einheit.

Sportmodelle wie die IZH-350C, IZH-50, IZH-50A und IZH-50B entstanden immer auf der Basis der Standardmodelle IZH-350 und IZH-49.

Modifikationen der Typen IZH-54 und IZH-54A entstanden in den Jahren 1954 und 1955. Die Leistung betrug nun 20 PS. Im gleichen Zeitraum entstanden auch die IZH-55M und die IZH-55K, die später durch die Modelle IZH-57M und IZH-57K abgelöst wurden.

Die Vorbereitungen für die Produktion der IZH Jupiter begannen in der zweiten Jahreshälfte 1958. Erstmalig gezeigt wurde das Modell auf der Weltausstellung 1957 in Brüssel. Die Leistung war auf 18-19 PS angestiegen und der Motor hatte als Besonderheit die beiden getrennten Zylinder. Das Getriebe war stark verbessert und leichter bedienbar. Die Produktion des Motors erfolgte in der Izhevsker Mechanischen Fabrik. 1961 begann die Serienproduktion der Jupiter.

Die Serienproduktion des Motorrades IZH Planeta, die auf der IZH-56 basierte, begann 1962. Die Garantiezeit wurde auf 2000 km verlängert und dank der verbesserten Luftfilterung stiegen die Lebensdauer und die Wartungsabstände für Zylinder und Kolben nochmals um die Hälfte an.

Die Produktion der IZH Planeta 2 und der Jupiter 2 startete 1966 bzw. 1970.

Die Periode von 1971 bis 1975 stand ganz im Zeichen der Produktion der IZH Strassenmaschinen Planeta 3, Jupiter 3, Jupiter 3K und Planeta Sport. Zuverlässigkeit und Bequemlichkeit waren in diesen Modellreihen vortrefflich kombiniert. Die jahrelange Erfahrung in Konstruktion und sorgfältiger Ausführung, moderne Fabrikationsanlagen sowie neue und verbesserte Materialien haben die Entwicklungszeiten deutlich verkürzt, die Produktionszahlen erhöht und Wertschöpfung insgesamt verbessert.

Die IZH Planeta Sport war eine völlig neue Konstruktion, die stark von den deutschen DKW-Ursprüngen abwich. Japanische Elektronik und der Motor mit einem japanischen Vergaser erlaubten die hohe Leistung von 32 PS. Die Getrenntschmierung mit Ölpumpe sorgte für Komfort und bessere Ölversorgung.

Der Bau neuer, moderner Fertigungsanlagen der Izhevsker Motorrad Industrie wurde Anfang der 80er Jahre abgeschlossen. Die neuen Anlagen waren hoch-automatisiert und mit Flurföderern und automatischen Fertigungsstrassen ausgestattet, um den Ausstoss von 450.000 Motorrädern pro Jahr zu ermöglichen. In diesem neuen Fertigungskomplex begann 1981 der Bau der IZH Jupiter 4 und 1982 die Fertigung der Planeta 4 mit 12 Volt Anlage.

Die Herstellung der IZH Jupiter 5 mit einem neuen Motor begann 1985, wobei die Leistung von 28 auf 24 PS reduziert wurde. EIne neue Schalterstellung "Parklicht" wurde mit dem Modell Planeta 5 im Jahre 1987 eingeführt. Dieses Motorrad erhielt einen überarbeiteten Motor mit 22 PS Leistung und ein modernes Aussehen durch den Benzintank, die Lampe und die Anzeigeinstrumente. Kurz darauf erhielt die IZH Jupiter das gleiche ansprechende Design. In den gleichen Zeitraum fiel der Bau einiger Prototypen mit der Antriebseinheit der Yamaha XT 550. Dies waren die Modelle Orion, Marathon und Sprinter. Wenn man alle Details dieser Motorräder betrachtet, so muss man sagen, dass es sich für die damalige Zeit um sehr moderne Konstruktionen handelte.

Die Lastendreiräder IZH 9.204 und IZH 9.604GR wurden zwischen 1992 und 1996 entwickelt. Die Konstruktion war so ausgelegt, dass jede Planeta oder Jupiter auf diese Weise umgerüstet werden konnte. Mit so einem Lastenmodul anstelle des Hinterrades und der Hinterradschwinge konnte so ein Dreirad mit symmetrischer Hinterhand entstehen. Achsantrieb, Differentialsperre und Rückwärtsgang erweiterten den möglichen Einsatzbereich des Motorrades erheblich, es wurde zum Transport- und Nutzfahrzeug.


Der Versuch einer bebilderten Typengeschichte

Aufgrund fehlender Informationen aus Izhevsk dürfte es schwierig und vielleicht sogar unmöglich sein, eine vollständige und korrekte Typenheschichte zu dokumentieren. Ich versuche es dennoch, aber was hier steht, erhebt keinen Anspruch auf letzte Korrektheit und Vollständigkeit. Vielleicht ergibt sich im Laufe der Zeit und in Verbindung mit anderen Informationen ein roter Faden.
Wer als Freund russischer Motorräder den Klassiker "Mit Hammer und Schlüssel" kennt, wird sich an ähnliche Aussagen über die Historie der Russenboxer erinnern. Ist also in Russland wohl nicht ungewöhnlich und so sollten auch wir akzeptieren, dass es glücklicherweise noch eine Welt neben ISO 9001, BWL und SAP gibt.
IZH IZH
Der Urahn: IZH 350 mit eindeutigen Ähnlichkeiten zur Mutter, der DKW 350 NZ. Vorn Trapezgabel, hinten gar keine Federung - echte 30er Jahre Technik. Wie schon die DKW NZ 350 war auch das russische Pendant IZH 350 ein Motorrad von klassischer Schönheit.
IZH IZH
Dann kam die IZH 49, vorn mit moderner Telegabel und hinten mit der Geradweg-Federung. Der Motor nach wie vor mit Doppelport-Auspuffanlage. Der Rahmem hat noch die Rechteckprofile der IZH350. Neben dem Fussschalthebel hat die IZH49 noch immer einen Handhebel. Ist das womöglich nur ein Leerlauffinder oder ein vollständiger Schalthebel?
IZH IZH
Mit der IZH56 wird es jetzt richtig modern - Weltstandard! Telegabel, Hinterradschwinge, grosse Vollnabenbremsen, Vergaserverkleidung - aber immer noch den Handschalthebel und der Motor hat sich sowieso nicht wirklich verändert. Die Leistung ist aber immer wieder sanft angehoben worden. Sehr viele IZH56 wurden als Gespann gefahren und waren die typischen Arbeitspferde auf dem Lande. Und wie man sieht, war auch im kommunistischen Russland keineswegs alles nur schwarz oder grau.
IZH IZH
Nach der IZH56 kommt die erste Planeta - die Planeta 2. Ob es auch eine Planeta 1 gegeben hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Wer kann die Lücke füllen?
Erstmalig entfällt jetzt der Handschalthebel und das Design orientiert sich mit den schwülstigen Blechteilen am damaligen Geschmack der Kundschaft weltweit. Auch im Westen sahen viele Kräder damals so und ähnlich aus.
Auch an der Planeta 2 ist der gute alte DKW NZ-Motor nahezu unverändert verbaut. Das ist wahre Tradition und ich denke, dass dieser Motor in seiner zweiten Heimat Russland so richtig reifen konnte.
IZH
Planeta 2 mit einem ungarischen Duna-Seitenwagen. Die IZH wurden in beinahe alle sozialistischen Bruderstaaten der UdSSR exportiert - nur in die DDR sind wohl sehr wenige gelangt. Viele, auch ältere, DDR-Bürger kennen die IZH überhaupt nicht.
IZH IZH
Mit der Planeta 3 gibt es wiederum nur sanfte Modellpflege. Leicht geändertes Design, besonders an der Tankform zu erlennen. Charakteristisch ist der Haltebügel der Sitzbank. Die Motordeckel haben sich ein wenig geändert, der Motor selbst jedoch nur wenig. Nach wie vor atmet der langhubige Zweitakter seine Gase aus einer Doppelport-Anlage aus.
IZH IZH
Die Planeta 4 sieht nun schon meiner Planeta 5 sehr ähnlich. Der auffälligste Unterschied dürfte die Doppelport-Auspuffanlage sein. Und das Cockpit der Planeta 4 weicht stark sowohl von den Vorgängern als auch vom Nachfolger ab. Jetzt kommt eindeutig 70er und 80er Jahre Japan-Look ins Spiel.
Tja, und der nächste Typ ist bereits die Planeta 5, also das Motorrad, um den sich in diesem Blog sowieso alles dreht. Das stellen wir hier natürlich nicht noch einmal vor.
IZH IZH
An dieser Stelle verlassen wir die Ahnenreihe der IZH 350 ff und der DKW NZ 350: Mit der Planeta Sport hat das Werk in Izhevsk etwas eigenständiges auf die Räder gestellt. Hier erinnert eigentlich nichts mehr an die Ahnen aus Zschopau, auch der Motor nicht. Der russische Einzylinder bringt über 30 PS auf die Strasse und dürfte ein sehr spezielles Fahrgefühl vermitteln. Im wahren Leben habe ich so eine Planeta Sport noch nie gesehen und in Deutschland soll es weniger als eine Handvoll geben. Aber eines ist klar: Die Planeta Sport ist mein nächstes Ziel - darauf wird jetzt hingearbeitet.

Die unterschiedlichen Ausführungen der Planeta 5

Hersteller-intern heisst die Planeta 5 anders, nämlich IZH 7.107. Im Laufe der Zeit entstanden unterschiedliche Ausfürungen der Planeta 5, die sich hauptsächlich bei der Lichtmaschine, der Ölversorgung, der Telegabel, den Bremsen und den Rädern unterscheiden. Der Typ IZH 7.107 entspricht der Verkaufsbezeichnung Planeta 5, während es sich beim Typ IZH 7.107-01 um die Planeta 5-01 handelt. Ein wenig ungewöhnlich sind diese wenig eingängigen Bezeichnungen vielleicht, aber wenn man das System einmal verstanden hat, ist es auch wiederum einfach.
Problematisch dürfte sein, dass viele Planeta von ihren Besitzern umgebaut und mit Teilen anderer Bauhreihen verändert wurden. Aus diesem Grunde sind vermutlich sämtliche Mischformen der nachfolgenden Tabelle auf den Strassen des russischen Reiches unterwegs.

Typenbezeichnung Schmiersystem Getriebe Fahrwerk Lichtmaschine
IZH 7.107-0000010 Gemischschmierung 4-Gang Ölgedämpfte Telegabel, Speichenräder, Duplexbremse  Wechselstromlichtmaschine mit Schleifringen, Kontaktzündung
IZH 7.107-0000015 Gemischschmierung 4-Gang Telegabel mit Luftunterstützung, Gußräder, Scheibenbremse Wechselstromlichtmaschine mit Schleifringen, Kontaktzündung
IZH 7.107-0000016 Gemischschmierung 4-Gang Telegabel mit Luftunterstützung, Speichenräder, Scheibenbremse Wechselstromlichtmaschine mit Schleifringen, Kontaktzündung
IZH-7.107-0000010-01 Getrenntschmierung 5-Gang Telegabel mit Luftunterstützung, Speichenräder, Scheibenbremse Wechselstromlichtmaschine mit Dauermagnet, elektronische Zündung
IZH-7.107-0000015-01 Getrenntschmierung 5-Gang Telegabel mit Luftunterstützung, Gußräder, Scheibenbremse Wechselstromlichtmaschine mit Dauermagnet, elektronische Zündung
IZH-7.107-0000020-01 Getrenntschmierung 4-Gang Telegabel mit Luftunterstützung, Speichenräder, Scheibenbremse Wechselstromlichtmaschine mit Dauermagnet, elektronische Zündung
IZH-7.107-0000025-01 Getrenntschmierung 4-Gang Telegabel mit Luftunterstützung, Gußräder, Scheibenbremse Wechselstromlichtmaschine mit Dauermagnet, elektronische Zündung
IZH-7.107-0000030-01 Getrenntschmierung 4-Gang Ölgedämpfte Telegabel, Speichenräder, Duplexbremse  Wechselstromlichtmaschine mit Dauermagnet, elektronische Zündung
IZH-7.107-0000040-01 Gemischschmierung 4-Gang Ölgedämpfte Telegabel, Speichenräder, Duplexbremse  Wechselstromlichtmaschine mit Dauermagnet, elektronische Zündung



Zurück