Das Alte Russentreffen 2011 in Windhausen: Teil 1

Bis vor wenigen Monaten hatte ich von einem „alten Russentreffen“ noch nie etwas gehört – kein Wunder, denn es handelt sich dabei um eine nicht-öffentliche Veranstaltung, zu der ausschliesslich persönlich geladen wird. Und hätte nicht Jürgen die diesjährige Planung abgeben müssen und hätte nicht stattdessen Andreas das übernommen und hätte ich nicht den Hinweis auf Windhausen als Veranstaltungsort gegeben – also wenn all das nicht gewesen wäre, dann wüsste ich noch heute nichts von der Existenz dieses legendären Treffens. Aber weil es so gekommen ist, wie es kam bin ich zum ersten mal Besucher beim Alten Russentreffen.

Das Alte Russentreffen, organisiert von Andreas, dem Kahlgryndigen, findet also dieses Jahr erstmalig in Windhausen statt. Durch den Feiertag (Christi Himmelfahrt) beginnt das Treffen bereits am Donnerstag und ursprünglich wollten Egon, Reinhard und ich auch ab Donnerstag am Treffen teilnehmen. Aber wie so oft in letzter Zeit kam mir so allerhand dazwischen und daher ist mein erster Besuch auf dem Treffen der heutige Freitag. Übernachten werde ich jedoch nur von Samstag auf Sonntag, denn am Samstag soll eine kleine Sensation stattfinden – aber darüber wird später noch zu reden sein.

Am Freitag Vormittag bin ich noch zu Hause und vernehme plötzlich seltsam bollernde Geräusche. Ich ahne, dass die etwas mit dem Alten Russentreffen zu tun haben und gehe rüber zu Egon. Und wahrhaftig ist Egon mit drei weiteren Gespannen vom Russentreffen angereist, um das etwas marode grüne Familiengespann aus Jena in seiner perfekten Werkstatt wieder auf Vordermann zu bringen.

Mit dabei und zum grossen Teil Verursacher des Viertakt-Gebollers ist Jo, der Scheppertreiber. Diesmal aber nicht mit der Dnepr, genannt Toter Oktober, sondern mit dem gleichfalls roten Guzzi-Gespann.

Schraubaer Jürgen hat sich des grünen Gespanns angenommen und dank seiner Schraubkunst sowie der perfekten Werkstatt von Egon läuft das Gespann bald wieder 1a. Dazu wurde lediglich eine elektronische Typ II-Zündung eingebaut und die K68 Vergaser bekamen eine Generalreinigung und eine optimale Einstellung.

Gegen Mittag gehts dann wieder zurück nach Windhausen aufs Treffen - und diesmal bin ich dabei. Zusammen mit den drei Gespannen fahre ich mit der Planeta ins schöne Feldatal. Den Platz des Treffens kenne ich natürlich und Egons rote Tula Muravej zeigt mir den Weg zum Zelt der Nachbarn.

Andreas, der Kahlgryndige, als Organisator und Platzwart. Die eherne Lebensregel, nach der jeder Motorradfahrer ein Gespann aufbauen, ein Treffen organisieren und mindestens einen Treffenbericht schreiben muss, hat er jetzt erfüllt.

 

Nachbar Egon hat sich den besten und geschütztesten Platz ausgesucht und dort das berühmte Partyzelt aufgebaut. Die besondere Bedeutung der Tula dabei werden wir noch kennenlernen.

Auch an die Kinder der Treffenbesucher ist gedacht: Egons Pocketbike wird sicher noch etliche Kinderherzen höher schlagen lassen. Aber was rede ich da: Kinderherzen?

Reinhard hat die Ruhe des Treffen offensichtlich bereits verinnerlicht und geniesst das tolle Wetter und die gute Stimmung.

Reinhard ist zwar kein Russentreiber, aber er hat hubraummässig aufgestockt: Statt einer 250er Honda-Enduro fährt er seit vorgestern mit einer 350er.

Während ich über den Platz streife sehe ich immer wieder Egon mit der Tula über die Wiese knattern. Was soll das, ist es das reine Vergnügen an der russischen Technik oder steckt etwas anderes dahinter?

Für die Verfechter der reinen Lehre undenkbar, aber mittlerweile sehr häufig anzutreffen sind Ural oder Dnepr mit fremden Herzen. Meist handelt es sich um BMW-Triebwerke.

Da freut man sich schon fast über einen Russenboxer mit originalem russischen Motor.

Das ist jedoch eine ungewöhnliche Konstellation: Dnepr mit dem Boxermotor des Lloyd Arabella.

Eine Gruppe von Russentreibern aus Wolfenbüttel und Braunschweig. Aus der Gegend kommt auch Waldemar, der morgen zusammen mit Alex mit zwei IZH-Motorrädern hier erscheinen wird. Damit könnte das grösste IZH-Treffen auf westeuropäischem Boden morgen Wirklichkeit werden. Später stellt sich heraus, dass die drei Boxerfahrer gute Bekannte von Alex sind und zu hause auch noch ein paar IZH im Stall haben.

Andreas denkt immer wieder darüber nach, ob seine IZH Jupiter überhaupt das richtige für ihn ist. Habe das Gefühl, dass er eigentlich eher zu den einzylindrigen Planetas tendiert.

Plötzlich taucht ein Traktorfahrer auf und verlangt, dass alle Zelte noch einmal abgebaut werden - er müsse schliesslich die Wiese mähen. Andreas kann nicht glauben, was er hier hört.

Aber dann erkenne ich: Der Traktorfahrer und Wiesenmäher ist ja Jörg, Motorradfahrer und Nebenerwerbslandwirt aus Ruppertenrod. Andreas ist die Erleichterung deutlich anzusehen.

Für die russischen Seitenventiler habe ich schon lange eine Schwäche, und die wird auf diesem Treffen nochmals deutlich verstärkt.

Dazu trägt auch diese Mamuf bei, die sich Andreas mal kurz "ausgeliehen" hat. Als Fälschung der Fälschung und als Produkt einer mongolischen Jurtenfertigung ist sie aber etwas ganz besonderes. Und der polnische Junak-Seitenwagen steht ihr vorzüglich.

Schraubaer Jürgen hat sich in die Ruhe und Abgeschiedenheit des logistischen Zentrums des Treffens zurückgezogen....

.... in dem allerdings auch diverse Getränke gelagert sind.

Und dann erkenne ich, warum Egon quasi im Minutentakt mit der Tula über den Platz kurvt: Jedes Getränk wird einzeln herbei geschafft und dabei hat die Tula jedesmal ihren umjubelten Auftritt.

Ich lerne Arne aus Mannheim kennen, der mit einem schicken Solo-SV gekommen ist - klar, mit was auch sonst. Ein besonderes Schauspiel war übrigens die Abfahrt von Arne, die ein beredtes Zeugnis von der inneren Ruhe des SV-Treibers im allgemeinen abgibt.

Hier der Beweis für diese innere Ruhe des SV-Treibers:

Überall wo geschraubt wird, taucht früher oder später Jürgen, der Schraubaer auf. Der Name ist tatsächlich Programm.

Auffällig rotes Dnepr-Gespann - und es handelt sich nicht um Toter Oktober.

Ein weiterer gelungener Umbau: Dnepr mit dem dreizylindrigen Dieselmotor von Daihatsu.

Karl-Otto vom Grünberger AMC taucht auf - das ist nicht erstaunlich, denn KO ist Russentreiber. Aber heute ist er nebst Gattin auf zwei einzylindrigen Japanern hier. Und das ist schon erstaunlich.

Der Platz füllt sich immer weiter und laut Andreas kann man bereits von einem ordentlich besuchten Treffen reden.

Der kleine Martin hat einen Narren an der Tula gefressen und kann sich stundenlang mit der roten Ameise beschäftigen.

Für den morgigen Samstag ist eine Ausfahrt geplant. Zunächst war eine Fahrt ins Knüllgebirge angedacht, aber das schien dann für 20 oder mehr Gespanne doch zu weit und zeitintensiv. Und deshalb wirds morgen zum Oldtimer-Cafe gehen. Hoffentlich warnt irgend jemand Matze, den Wirt.

Am frühen Abend verlasse ich mit der Planeta das Alte Russentreffen und drehe noch eine nette Vogelsbergrunde.

Als es zu dämmern beginnt, bin ich wieder zuhause - mit dem festen Vorsatz, die nächste Nacht auf dem Treffen zu verbringen. Und so mach ich das, weshalb es eine Fortsetzung gibt.

Hier gehts zu Teil II des Alten Russentreffens 2011.