Goldener Oktober

Ja, jetzt haben wir ihn wirklich, den Goldenen Oktober. Und wenn man den Wetterfröschen glauben kann, dann bleibt er uns auch noch ein paar Tage erhalten. Damit hätten wir dann eine Woche lang richtig schönes Wetter – kommt mir so vor, als sei das in diesem Jahr das erste mal, dass es eine Woche lang nicht regnet. Aber ich will ja eigentlich nicht jammern, sondern bin froh, heute einen weiteren schönen Tag erwischt zu haben. Nach einem vormittäglichen Geburtstagsbrunch verbringe ich dann den Rest des Tages mit der Grauen Enfield.

Nachdem mein gestriger Plan – eine Fahr ins Knüllgebirge – ja nicht funktioniert hat, versuche ich es heute erneut. Um 13:00 ist die Graue gecheckt und scharrt schon mit ihren Avon Reifen.

Feldatal, Kirtorfer Wald, Antrifttal, Willingshausen, ein bisschen Schwalm – auf diesem Weg ziehe ich in Richtung Knüllgebirge. Das Fahren ist derart schön, dass ich beinahe 60 Kilometer fahre, ohne anzuhalten.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena Gray

Nach etwas mehr als 50 Kilometern dann der erste Stop, bereits am Rande des Knüllgebirges. Hier habe ich einen Ort, der all meine kleinen Freuden der heutigen Fahrt quasi zusammenfasst: Da ist einmal das überirdische schöne Wetter mit strahlend blauem und wolkenlosem Himmel.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena Gray

Dann der stampfende Single unter mir, der mich mit jedem Kolbenhub ein Stück voran bringt.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena Gray

Der kurze Triumph-Auspuff begleitet jeden Auslasstakt mit einem knallenden Ton.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena Gray

Hinter mir liegt die freundliche und landschaftlich reizvolle Schwalm.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena Gray

Und vor mir empfängt mich das Knüllgebirge mit seiner heimlichen Hauptstadt Neukirchen.

Knüll

Auf jedem Meter begegne ich ihm hier, dem Indian Summer. Wer so viele kleine Freuden geniesst wie ich auf dieser Fahrt, der ist ein wahrhaft glücklicher Mann.

In Neukirchen ist meine übliche Anfahrt zum Knüllköpfchen gesperrt, die angezeigte Umleitung gefällt mir aber überhaupt nicht. Also wird improvisiert.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena Gray

Und so komme ich auf einer von mir eher selten befahrenen Route in Richtung Knüll: Über Seigertshausen durch herrliche bunte Wälder.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena Gray

Weniger schön ist es dann aber auf dem Knüllköpfchen selber: Überall gewaltige Besuchermengen und beinahe alle mit dem PKW. An der Knülljause parkt nicht ein Motorrad, lediglich zwei kleine Baumarktroller haben sich eingefunden. Angesichts der Menschenfülle verzichte ich auf meinen Kaffee, trinke einen Schluck Wasser aus dem Proviant, verputze einen Corny-Riegel und ziehe weiter.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena Gray

Nur wenige Kilometer weiter habe ich dann mein ruhiges Plätzchen, sogar am See, der wie ein großes Silberstück in der Sonne funkelt. Hier kann ich es einen Augenblick aushalten.

Da Hauptschwenda wegen der Baustelle gesperrt ist, fahre ich über Asterode und vorbei an der Knüll-Loipe in Richtung Oberaula. Dort überquere ich kurz die B62 und tauche dann wieder in die kleinen Straßen Richtung Weißenborn und Ottrau ein.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena Gray

Zwischen Ottrau und Berfa biege ich ein in den Wald auf die Baustelle mit den 8 Windkraftanlagen. Ich erhoffe mir davon, die Sperrung in Richtung Elbenrod zu umgehen. Die Baustellenfahrzeuge haben die Waldwege sehr breit gemacht und ich komme gut von Windmühle zu Windmühle. Dummerweise finde ich aber den Ausgang aus der weitverzweigten Baustelle nicht und so kommt es, dass ich geschlagene 8 Kilometer durch den Wald irre, um dann wieder am Ausgangspunkt anzukommen. Also alles für die Katz, aber die 8 Waldkilometer ware ganz OK. Nicht OK ist aber, was der Windpark mit dem Wald gemacht hat: Riesige Flächen mussten gerodet werden, und meine ursprüngliche Sympathie für die Windkraft gerät mehr und mehr ins Wanken. Diese deutsche Energiewende ist ganz sicher nicht klug durchdacht.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena Gray

Allmählich nähert sich meine Herbstrunde ihrem Ende. Über den Altkreis Alsfeld, das Schwalmtal und das Feldatal zirkele ich die Enfield wieder in Richtung Heimat. Ein letzter Stop dann beim Windpark von Zeilbach, der wesentlich umweltschonender angelegt wurde als der Park bei Ottrau. Dieses bescheuerte Pflanzen von Windrädern mitten in die schönen hessischen Wälder fängt wirklich an, mich zu ärgern.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena Gray

Hier sehe ich auch, wie meine kleine Waldeinlage die Enfield eingesaut hat. Da hab ich gleich zu Hause einiges zu tun, um alle Spuren wieder zu beseitigen.

Kurz vor sechs bin ich dann nach beinahe 180 Kilometern wieder zu Hause. Wie schon gestern war auf den letzten Kilometern die tiefstehende Sonne nicht ohne und ein paar mal musste ich wirklich einige Meter im Blindflug segeln. Aber sonst war das ein Tag nach meinem Geschmack.